Der Turbo-Keyboarder aus Kairo
Islam Chipsy spielt virtuos, in rasender Geschwindigkeit, mit radikalem Sound und extravaganter Spieltechnik. Sein Geld verdient er im Nachtclub Markez in Kairo und an Hochzeiten. Dank YouTube gilt er heute aber in Europa, Japan und den USA als einer der aufregendsten Musiker der Gegenwart.
So schnell wie er spielt, so schnell war auch dieses Gespräch, denke ich, als ich den Nachtclub Markez verlasse. Islam Chipsy spielt dort jede Nacht, von der Dämmerung bis zum Sonnenaufgang. Die Bauchtänzerinnen und Animierdamen tranken noch Kaffee, als ich ihn um sechs zum Interview traf. «Lass uns in der Garderobe plaudern», meinte er, «dort ist es ruhiger».
[Thomas Burkhalter]: Deine Spieltechnik auf dem Keyboard ist ziemlich speziell. Wie hast du sie entwickelt?
[Islam Chipsy]: Vor acht Jahren habe ich an einer Party eines Freundes versucht, so schnell wie möglich zu spielen. Die Leute haben das geliebt. Und seitdem wollen mich alle so spielen sehen. Ich versuche, mein Publikum jeden Monat mit einer neuen Spieltechnik zu überraschen. [Das Handy klingelt]
[TB]: Dank YouTube-Clips und einem Beitrag auf Arte-Tracks sind Popszenen in Europa auf dich aufmerksam geworden. Hast du das überhaupt mitbekommen?
[IC]: Ja, es werden derzeit zwei Dokumentarfilme über mich produziert, und ich hatte Anfragen für Konzerte in Japan und den USA. Man wollte mich und meine Frau sogar nach Japan einladen, um dort zu leben.
[TB]: Kannst du dir ein Leben ausserhalb Ägyptens vorstellen?
[IC]: Ich könnte wohl überall leben, wenn ich musizieren kann. [Der Clubbesitzer kommt rein, will wissen, was hier los ist] – das ist ein Musikjournalist aus der Schweiz.
[TB]: Wie verdienst du deinen Lebensunterhalt?
[IC]: Ich habe verschiedene Jobs. Ich bin Hochzeitsmusiker – da will man eben meine Spezialtechniken sehen. [Das Handy klingelt] Entschuldige. Ich spiele auch für berühmte ägyptische Sänger. Ich habe ein Studio, wo ich meine eigene Musik produziere, und ich komponiere für andere. Dann spiele ich hier im Markez, jede Nacht. Dank dem Markez habe ich ein stabiles Einkommen.
[TB]: Du verfügst also über ein breites Repertoire?
[IC]: Ja, ich spiele viel Sha’abi-Musik [Anm. d. Red.: ägyptischer Strassenpop], aber auch arabische Kunstmusik. Im neuen Mahragan-Stil [Anm. d. Red.: Electro-Sha’abi] spiele ich auch. Ich mag diese Musik aber nicht so sehr.
[TB]: Wovon träumst du?
[IC]: Ich möchte mein eigenes Büro haben, ins Ausland reisen und meine Musik weiterentwickeln. [Zwei Tänzerinnen kommen rein und schminken sich. Islam Chipsy muss auf die Bühne]
Biography
Published on January 16, 2015
Last updated on May 01, 2024
Topics
From breakdance in Baghdad, the rebel dance pantsula in South Africa to the role of intoxications in club music: Dance can be a form a self-expression or self-loosing.
About Indian musicians in German pedestrian zones and the relationshis of music and place in academic research.
What happens, when artists move from one to another country? For example, when an Arab artist replaces the big tractors in her the village with big jeeps of the West.