Radioclit: Irritierende Exotika
Was genau soll man von Radioclit halten? Das Kollektiv spielte an unserem 1. Norient Musikfilm Festival in Bern. So richtig glücklich aber wurden wir nicht mit ihnen. Auch bei uns verpassten sie zunächst einmal ihren Flug von London nach Zürich, kamen dann spät in Bern an und spulten schliesslich ihr Programm ab. Die Musik erinnert dann auch mal an die Melodien im Disney-Film Lion King. Zum Beispiel im Video «Kamphopo».
Ein endlos kreisendes Steeldrum-Sample, ältere Synthesizer-Sounds, dann ein wilder afro-euro-amerikanischer Mix: Karibische Soca, indianische Pop-Wow-Gesänge, südafrikanische Marabi, A-Capella, Highlife, Tribal Electro, Indie Pop, Dirty South Rap, Baltimore Club, Grime, Funk Carioca und wohl vieles mehr – diese Begriffe jedenfalls findet, wer sich all die Artikel durchschaut, die über Radioclit in den letzten Jahren geschrieben worden sind. Der Titel der letzten CD heisst: The Warm Heart of Africa. Auf dem Cover gibt’s Löwen, Elefanten, Giraffen in der Steppe, und darüber ein farbiger Abendhimmel. Im Video tanzende Kinder, eine Schönheit am Strand vor dem Sonnenuntergang. Einer mäht einen kümmerlichen Rasen mit einem alten Rasenmäher. Hauptperson und Sänger im Video ist Easu Mwamawaya. Er führt uns auf eine touristische Tour durch sein Heimatland Malawi.
Es war im Londoner Osten – in Hackney – wo der Schwede Johan Karlberg und der Franzose Etienne Tron (die beiden Köpfe von Radioclit) Easu Mwamawaya trafen. Er verkaufte den beiden in seinem Secondhand-Laden ein altes Fahrrad. Mann freundete sich an und landete schliesslich zusammen im Studio – und auf Welttournee. In einem Video auf YouTube sehen wir, wie Radioclit ihre Musik im Studio zusammenbastelt.
Es ist eine Zusammenarbeit mit sehr vielen afrikanischen Musikern verschiedener Generationen. Wir sehen einen Balafon-Spieler, der für Radioclit eine Riff einspielt – dirigiert vom Franzosen Tron. Dann singt Easu Mwamawaya den Refrain ein. Es folgen Violine und Cello. Die beiden Hauptpersonen von Radioclit überwachen den Aufnahmeprozess, entscheiden und kritisieren. Sie streuen auch die Beats und auch einige der Stimmen ein. Verwendet werden sehr viele Live-Instrumente, die dann manipuliert werden. Dabei wird viel gekifft.
Und dann wäre da noch dieser Track «Douster – King of Africa». Ich habe ihn kürzlich in einem DJ-Set in Winterthur gespielt – allerdings in einer anderen Version. Um drei Uhr in der früh funktioniert er einfach wunderbar! Und hier käme der «Lion King» denn auch tatsächlich vor.
Biography
Published on June 03, 2010
Last updated on April 30, 2024
Topics
About the ups and downs of cross-cultural creativity: Korean reggae, vaporwave, and the worldwide Hindu Holi festival.
From Self-Orientalism in Arab music to the sheer exploitation of Brazilian funk music by acclaimed artists: how exotica examine aesthetics playing with the other and cultural misunderstandings.