Kairos Klänge nach der Revolution
City of Sounds ist mehr als eine musikalische Stadtrundfahrt durch Kairo. Der Film zeigt die Nachwehen der Revolution aus der Perspektive verschiedener ägyptischer Musikerinnen und Musiker. Und er ist die Geschichte einer langjährigen Freundschaft zwischen Musikern aus Deutschland und Ägypten.
Der deutsche Musiker und Oud-Spieler Roman Bunka ist der Vermittler, der uns die Türen zu den Wohnungen seiner Freunde öffnet. Seit den 1980er Jahren reist er regelmässig nach Kairo und pflegt die Freundschaften zu einheimischen Musikerinnen und Musikern. Alle verbindet ihre kritische Haltung sowohl zum Regime Mubarak, als auch zur Regierungszeit der Muslimbrüder. Sie haben die Revolution mit ihren Liedern begleitet und drücken im Film ihre Enttäuschung über die politische Entwicklung nach dem Umsturz von 2011 aus.
Rückzug und Ernüchterung
Da ist der 60jährige Superstar Mohamed Mounir, mit dem Roman Bunka seit seinen ersten Kairo-Reisen zusammenarbeitet, ein Mitbegründer der arabischen Popmusik. «Ägypten, nun bist du wiedergeboren. Los, auf geht’s... fang neu an!», singt Mounir in einer Rückblende vor Tausenden auf dem Tahrir-Platz. Doch diese Zeiten sind vorbei. Aus Sicherheitsgründen gibt er keine Konzerte mehr, er schätzt die Behörden als zu wenig zuverlässig ein, Gewalttäter fern zu halten.
Da ist die 28jährige Maryam Saleh, eine aufstrebende Sängerin mit unverwechselbarer Stimme, die ägyptische Revolutionslieder aus den 1960er und 1970er Jahren neu interpretiert. «Wir haben gar keine Erwartungen mehr», erzählt sie Roman Bunka bei seinem Besuch. «Und das ist beängstigend.» Wie verfahren die Situation ist, zeigt sich in einem ihrer Songtexte: «Verbanne aus dem Volk die Soldaten und Hunde, verbanne die mit den Gewändern und Bärten.» Ein Dialog mit den Muslimbrüdern scheint nicht mehr in Frage zu kommen.
Die Musik spricht für sich
Neben dem Einblick in das Befinden kritischer Musikschaffender in Kairo zum Zeitpunkt, als die Muslimbrüder gerade gestürzt wurden, vermittelt City of Sounds Stimmungsbilder von Open-Air-Konzerten, zeigt Begegnungen des deutschen Besuchers mit den Musikerinnen und Musikern und lässt auch immer wieder die Musik für sich sprechen: vom Spiel des traditionellen Geigenvirtuosen Abdo Dagher über die elektronischen Klänge des Komponisten Fathy Salama bis hin zu den Soundcollagen des Tonkünstlers Mahmoud Refat, für den Kairo die Geräuschkulisse zu einem vielstimmigen Konzert wird.
Spannend zu beobachten ist auch, wie sich der deutsche Besucher inszeniert. Er lässt die Frage unbeantwortet, die er sich zwischendurch selber stellt: «Was willst du hier eigentlich tun? Willst du hier etwas verändern?». Doch diese Reflexion scheint der kritischen Zuschauerin prätentiös, zumal Bunka nie für längere Zeit in Ägypten gelebt hat und kaum Arabisch spricht – was ihn wiederum mit vielen anderen Europäerinnen und Europäer in Kairo verbindet. Dass der Musiker mit Maryam Saleh nur auf Englisch kommunizieren kann, veranlasst sie zur Frage, warum er eigentlich nie Arabisch gelernt habe: «Manchmal bin ich froh, nicht alles zu verstehen», antwortet Roman Bunka. «Ich kommuniziere lieber über die Musik.»
City of Sounds (Deutschland/Ägypten 2014)
Directed by: Janek Romero
Written by: Janek Romero
Cast: Roman Bunka, Mohamed Mounir
Deutsch/Englisch/Arabisch
80 Min
Produktion: brave new work film productions
Biography
Published on January 12, 2015
Last updated on May 01, 2024
Topics
Why New Yorks’ underground doesn’t give a fuck about Trump or why satirical rap in Pakistan can be life threatening.
About Tunisian rappers risking their life to criticize politics and musicians affirming 21st century misery in order to push it into its dissolution.
Place remains important. Either for traditional minorities such as the Chinese Lisu or hyper-connected techno producers.